Wer erinnert sich an Wolfgang Kaminka?
Wolfgang Kaminka wurde am 1. März 1926 in Gießen als Sohn von Irma Leeser aus Rosbach und ihrem ersten Mann Hugo Kaminka geboren. Die Autorin Heidrun Helwig berichtet am 13.1.2019 im Giessener Anzeiger über Recherchen von Masterstudent Dennis Riemann über Wolfgang und seinen Vater: „…Hugo war 1922 für einige Zeit von der Lahn nach Köln gezogen und hatte dort offenbar seine Frau kennengelernt. Schon rund ein Jahr später hat er Irma Leeser aus dem nordrhein-westfälischen Rosbach geheiratet. Am 1. März 1926 wiederum kam im Gießener Katholischen Schwesternhaus ihr Sohn Wolfgang zur Welt. Doch die Ehe schien nicht besonders glücklich zu sein: Bereits 1932 ließ sich das Paar wieder scheiden….“. Irma ging 1933 eine neue Ehe mit Rudolf Jasser aus Rosbach ein. „Auch Hugo Kaminka hat nochmals geheiratet und sich wohl Ende der 1930er Jahre mit seiner neuen Familie in Johannesburg in Sicherheit vor der NS-Verfolgung gebracht. Nach Gießen aber wollte er selbst nach dem zweiten Weltkrieg nicht zurückkehren.“ Dass Wolfgang noch eine Halbschwester hatte, erfuhr Riemer durch eine Passagierliste der „S.S.Messenger“. Auf ihr war vermerkt, „dass Hugo und Johanna Kaminka mit ihrer achtjährigen Tochter Sonia am 11. Oktober 1946 vom südafrikanischen Durban aus mit dem Ziel New York verschifft wurden.
Aber davon wusste Wolfgang vermutlich nichts. „In der Schulzeit wohnte er mit seiner Mutter Irma Jasser geb. Leeser und ihrem zweiten Mann Rudolf Jasser in der Rathausstr. in Rosbach gegenüber dem Schuhgeschäft Hermes.“ , berichtet eine Zeitzeugin.
„Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie der groß gewachsene, hübsche Wolfgang die Treppe von der Haustür herunterkam.“
„Er ging mit mir in die evangelische Volksschule in Rosbach, er war ein großer Junge. Nachher durfte er nicht mehr in die Schule gehen.“
„Als die Juden einen Judenstern tragen mussten, hatte die Mutter von Wolfgang große Not, als er mit dem einzigen Stern, den sie besaß, unterwegs war, und sie selbst ohne Stern durch den Ort gehen musste, um Besorgungen zu machen. Sie hatte große Angst, angezeigt zu werden.
Bei dem Pogrom in Rosbach 1938 wurde die Wohnung der Familie von der örtlichen SA und SS verwüstet und Möbel aus dem Fenster geschmissen. Die Familie wurde zunächst von den Nachbarn in Rosbach aufgenommen. Die wurden jedoch auch verfolgt, da sie nicht mit dem Naziregime konform gingen.“
Wolfgang zog dann nach Köln, möglicherweise um dort auf eine jüdische Schule zu gehen. Er wohnte bei Jasser, Maastrichter Str. 3.
Am 20.7.1942 wurde er von Köln nach Minsk deportiert und dort ermordet.
Seine Mutter und sein Stiefvater wurden beide bis 1944 noch verschont, da sie in einer von den Nazzis sogenannten „Mischehe“ lebten. Die letzten Monate wurden sie von der Schwester des Stiefvaters Grete Jasser bis zur Befreiung versteckt und so vor der Deportation bewahrt. Sie überlebten das Naziregime und wurden nach ihrem natürlichen Tod auf dem Rosbacher Friedhof beigesetzt.
Wolfgangs leiblicher Vater Hugo Kaminka starb 1969 in den USA.
Die Zeitzeugenberichte wurden vom Zeitzeugenforum ergänzt durch Angaben amtlicher Dokumente.
Der 23. Stolperstein in Windeck soll von Gunter Demnig für Wolfgang Kaminka bei der 2. geplanten Stolpersteinverlegung im April 2012 in Rosbach, Rathausstr. verlegt werden.
Wer weitere Informationen oder Fotos zum Leben der Familien Leeser/Kaminka/Jasser oder zu anderen Verfolgten des Naziregimes beisteuern kann, meldet sich bitte bei
Annemarie Röhrig, Tel. 3822 annemarie.roehrig(at) gmx..de
Raimund Weiffen, Tel. 4687 Raimund.Weiffen(at)t-online.de