Stolperstein Nr. 24 : Irma Jasser

Wer erinnert sich an Irma Jasser?

 Irma Leeser wurde am 23.1.1901 in Rosbach als Tochter von Jacob Leeser und Hermine Hecht geboren. Im Adressbuch Rosbach von 1901 findet man den Eintrag „Jakob Leeser, Schneider, Manufakturgeschäft und Handel mit fertigen Kleidungsstücken“ sowie „Konrad Leeser, Kleinhandel mit Spezereien“.

Irma heiratete am 17.8.1924 in Rosbach den Kaufmann Hugo Kaminka aus Gießen und nahm den Familiennamen Kaminka an. Der gemeinsame Sohn Wolfgang Kaminka wurde 1926 in Gießen geboren.  Am 19.4.1932 wurde die Ehe geschieden. Irma nahm wieder Leeser als Familiennamen an. Ihr Beruf wurde mit Hut- und Putzmacherin angegeben.

Am 28.4.1933 heiratete sie in Rosbach den Techniker Rudolf Jasser. Das Ehepaar wohnte mit Sohn Wolfgang im Elternhaus von Irma, dem ersten Kauf- und Textilhaus von Bürgern jüdischen Glaubens in Rosbach (siehe Foto von 1916).

Dann ereilte die Familie die Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Was für die Nazis angebliche „Freiheit“ war, war für Irma, ihren Mann und ihren Sohn die Hölle. Auf dem sogenannten „Parteitag der Freiheit“ in Nürnberg wurden 1935 von den Nazis  zwei Gesetze zur Diskriminierung und Verfolgung beschlossen: Erstens das „Reichsbürgergesetz“, wodurch Irma die Reichsbürgerschaft und das Wahlrecht ohne Grund entzogen wurde, und zweitens das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, wonach das Blut der deutschen Bürgerin Irma plötzlich angeblich nicht mehr deutsch war und Rudolf per Gesetz plötzlich zum Verbrecher wurde; denn Eheschließung und geschlechtliche Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden wurden über Nacht verboten und konnten mit Zuchthaus und anschließender Einweisung in ein Konzentrationslager bestraft werden, wenn auch bestehende sogenannte „Mischehen“ zunächst noch geschont wurden. Auch war Juden nach dem neuen Gesetz verboten, die Reichs- und Nationalflagge zu hissen oder die Reichsfarben zu zeigen.

Vor dem Ausland wollte das Regime noch den Eindruck von Toleranz wecken und ließ im Sommer 1936 zu den Olympischen Spielen in Berlin die judenfeindlichen Schilder und Schautafeln zeitweise abmontieren.

Als am 10. November 1938 in Rosbach vom Bürgermeister Hammerschmidt mit der SA und SS die Pogrome gegen die Juden inszeniert wurden, war Rudolf Jasser noch in Köln auf seiner Arbeitsstelle, wo er jeden Tag mit dem Zug hin fuhr. Nachdem die Nazis mithilfe der Feuerwehr die Synagoge abgebrannt hatten und die jüdischen Männer nach Misshandlungen im Spritzenhaus eingesperrt und anschließend nach Köln abtransportiert worden hatten, regte der Amtsbürgermeister Hammerschmidt an, auch die Scheiben der Wohnungen der Juden zu zerschlagen. So veranstaltete die SA am Abend einen Appell am Bahnhof und teilte die Männer in Trupps ein. Sie fingen oben in der Bergstraße an, die Scheiben der Häuser von Juden einzuwerfen, drangen in die Wohnungen ein und verwüsteten sie. Irma Jasser, die mit Wolfgang noch allein zu Hause war, wurde von Freunden gewarnt und von Nachbarn in deren Haus in Sicherheit gebracht, während die Nazis ihre Wohnung verwüsteten und Möbel aus dem Fenster schmissen. „Ich kann mich noch erinnern, dass wir, mein Freund und ich mit den Fahrrädern von Schladern nach Rosbach gefahren sind, weil wir gehört hatten, was in Rosbach los war. Wir waren neugierig und haben uns das angeschaut, wie da die Scherben und die Möbel vor den Häusern auf dem Weg herumlagen. Schlimm sah das aus.“

Nach dem 10. Nov. 1938 durfte Wolfgang, weil er als Jude galt, nach den neu erlassenen Judengesetzen nicht mehr mit den christlichen Kindern zusammen in die Schule gehen. Irma zog dann mit ihm und mit ihrem Mann Rudolf nach Köln in die Maastrichter Str. 3. Nachdem Wolfgang am 20.7.42 nach Minsk deportiert und dort ermordet worden war, wurde es für Irma und Rudolf auch immer schwieriger zu überleben. Den „Mischehen“ wurde Stück für Stück die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzogen und die Deportation drohte. Da versteckten sich  Rudolf und seine Frau bei seiner Schwester in Idar-Oberstein. Dort überlebten sie das Naziregime und kehrten nach dem Krieg nach Rosbach zurück, jedoch nicht in ihr Elternhaus.

Er starb mit 47 Jahren am 9.2.1949  in Rosbach und sie starb mit 48 Jahren am 8.9.1949 in Rosbach. Beide wurden auf dem ev. Friedhof in Rosbach beigesetzt.

Ihrem ersten Mann Hugo Kaminka gelang die Flucht in die USA, wo er 1969 verstarb.

Diese Zeitzeugenberichte wurden vom Zeitzeugenforum Windeck durch Angaben amtlicher Dokumente ergänzt.

Der 24. Stolperstein in Windeck wurde am 29.3.2012 von Gunter Demnig für Irma Jasser verlegt. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Gunter Demnig

Wer weitere Informationen oder Fotos zum Leben der Familie Leeser-Jasser oder zu anderen Verfolgten des Naziregimes beisteuern kann, meldet sich bitte bei

Annemarie Röhrig, Tel. 3822                           annemarie.roehrig(at)gmx.de
Raimund Weiffen, Tel. 4687                             Raimund.Weiffen(at)t-online.de
Richard Suhre, Tel. 0160/962 965 03               risu-koeln(at)gmx.de