Ausstellung gegen das Vergessen im Rathaus

Eine große Ausstellung mit Begleitveranstaltung zum Thema NS-„Euthanasie“ führte die Caritas in Kooperation mit dem Zeitzeugenforum der AWO Windeck im Januar in Dattenfeld durch. Nach der Stolpersteinverlegung für Verfolgte des Naziregimes in Windeck konnte man im März bis April noch die Infotafeln zu zwei Windecker Opfern der Naziärzte im Rosbacher Rathaus sehen.

Ausstellung AWO 2016

Ausstellung AWO 2016

Leider waren, wie wir nun wissen, Wilhelmine Müller geb. Hansmann und Josef Gauchel nicht die einzigen „Euthanasie“-Mordopfer aus Windeck. In allen bisher von uns aufgeklärten Fällen aus Gutmannseichen und Obernau wurden die psychisch Kranken von ihren Hausärzten zur Untersuchung nach Bonn oder Köln in die Uniklinik überwiesen. Vor dort wurden sie in die Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Bonn eingewiesen und, sofern sie erwachsen waren, der Zwangssterilisation zugeführt. Dies geschah, nachdem die Patienten dem Kreisgesundheitsamt als Verdachtsfälle nach dem NS-Gesetz zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ gemeldet worden waren, dort eine „Erbgesundheitsakte“ angelegt wurde und ein „Erbgesundheitsgerichtsverfahren“ durchgeführt wurde. Obwohl die Patienten an nicht vererbbaren Krankheiten litten, wurden sie nach diesen Erbgesetzen verfolgt und entrechtet. Doch damit nicht genug.

Denn alle, auch Patienten, die inzwischen wieder nach Hause geholt worden waren und dort ausreichend betreut werden konnten, wurden, sofern sie als „nicht arbeitfähig“ galten, ohne gesetzliche oder ärztliche Grundlage erneut in die Bonner „Heilanstalt“ bestellt. Von dort wurden sie zur Verschleierung der geplanten Morde – manchmal über Umwege, z.B. über die „Zwischenanstalt“ Andernach -, ohne vorherige Information der Angehörigen weit weg von der Heimat in eine als „Tötungsanstalt“ missbrauchte Pflegeanstalt deportiert und getötet. Dies geschah durch Nahrungsentzug sowie durch überdosierte Medikamente. Den Angehörigen wurden Besuche wegen angeblicher Seuchengefahr verboten. Die beteiligten Bonner Ärzte wurden nach dem Kriege in Gerichtsverfahren frei gesprochen, die Angehörigen der Mordopfer erhielten in den bekannten Windecker Fällen keine Wiedergutmachung. Der Beweis der Morde war durch die Angehörigen zu erbringen, was in vielen Fällen nicht möglich war.

Die Ausstellungstafeln und Infos können von interessierten Schulen oder Institutionen ausgeliehen werden.

Ausleihe bei AWO-OV Windeck,  annemarie.roehrig@gmx.de
Info: www.stolpersteine-windeck.de