Wer erinnert sich an Irma Simon ?
Irma Hofmann wurde am 10.4.1898 in Frickhofen (Landkreis Limburg-Weilburg) als Tochter von Aron Hofmann und Jeanette Hofmann geb. Löwenstein geboren. Aron Hofmann war Viehhändler und Vorsteher der jüdischen Gemeinde, bevor er von den Nationalsozialisten zusammen mit seiner Frau 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Beide wurden in Treblinka ermordet.
Irma heiratete Julius Simon aus Rosbach, den Bruder von Albert und Ferdinand Simon.
„In Dattenfeld mieteten Irma und Julius Simon eine Wohnung im Parterre links in dem Wohn- und Geschäftshaus der Filiale Lütz, früher Lichius“. „Irma Simon war eher klein und schmal. Sie brachte in Dattenfeld drei gesunde Kinder zur Welt. Sie lebte in Dattenfeld mit ihrer Familie ohne Unterschied zu den christlichen Familien. Es gab keine Probleme im nachbarschaftlichen Zusammenleben.“
Jedoch schon vor den Pogromen von 1938 wurden den Simons wie allen Deutschen jüdischen Glaubens viele Bürgerrechte entzogen. Im Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 wurde die deutsche Bevölkerung in zwei Gruppen geteilt, einerseits in sogenannte „Reichsbürger“, das sollten „Angehörige deutschen oder artverwandten Blutes“ sein, und andererseits in sogenannte „Staatsangehörige“, das sollten angeblich „Angehörige rassefremden Volkstums“ sein. Zu letzteren zählten die Nazis u.a. auch die Bürger jüdischen Glaubens und deren Nachkommen, auch wenn sie nicht jüdischen Glaubens waren. Wählen durften dann nur noch die „Reichsbürger“.
So steht der Name von Irma Simon mit vielen anderen Namen in einem „Verzeichnis der Nichtarier, die der Wahlkartei entzogen sind“ – am 25.2.1936 unterschrieben vom damaligen Amtsbürgermeister in Rosbach. Dies bedeutete, dass sie bei der Reichstagswahl nicht mitwählen durfte.
Die Nationalsozialisten stellten dann 1941 für die Simons wie auch für alle anderen noch im Siegkreis lebenden Juden fest, welche Vermögenswerte nach der Deportation und Ermordung für den Staat ergaunert werden konnten. Sie hielten bei Irma Simon in ihrer Liste fest: „Wohnung gut – Vermögen nein“.
Am Montag, dem 20.7.1942, wurde Irma Simon mit ihrem Mann und ihren drei Kindern um 10 Uhr vom Sammelplatz am Rosbacher Bahnhof nach Köln-Deutz gebracht. Von dort wurden alle fünf mit einem Transport von ca. 1.064 Menschen „nach dem Osten evakuiert“, wie die Nationalsozialisten ihren Mordplan nannten (Abfahrt ca. 15 Uhr). Der Zug kam am 24.7.1942 gegen 6:45 Uhr „pünktlich“ zum Dienstbeginn des Mordkommandos in Minsk an. Soweit heute bekannt ist, wurden alle Personen noch am selben Tag in Gaswagen getötet oder im Wäldchen von Blagowtschtschina bei Minsk erschossen und in Gruben verscharrt.
Die Zugfahrkarten der Reichsbahn für die Fahrt in den Tod mussten die Deportierten selbst bezahlen. Rückfahrscheine gab es nicht. Es wurde die einfache Fahrt berechnet, für Kinder war von den Eltern nur die Hälfte des Fahrpreises zu zahlen. Das hatte die SS mit der Reichsbahn so ausgehandelt. Die Reichsbahn stellte die Züge in den Tod.
Der 9. Stolperstein in Windeck wurde von Gunter Demnig am 17.9.2011 in Dattenfeld, Hauptstr. 128, zur Erinnerung an Irma Simon unter großer Beteiligung der Bürgerschaft verlegt.
Wer weitere Zeitzeugenberichte oder Fotos zum Leben der Familie Simon oder zu anderen Verfolgten des Nazi-Regimes beisteuern kann, meldet sich bitte bei
Annemarie Röhrig, Tel. 3822 annemarie.roehrig(at)gmx.de
Raimund Weiffen, Tel. 4687 Raimund.Weiffen(at)t-online.de