Wer erinnert sich an Georg Ludwig Sussmann ?
Georg Ludwig Sussmann wurde am 02. Juli 1893 in Köln geboren. Seine Eltern waren Hermann Sussmann und Klara Sussmann, geb. Stern. Die Familie war jüdischen Glaubens.
Als junger Mann war Georg selbstständiger Handelsvertreter im Textilfach und verdiente gut. Er heiratete in Rosbach am 25. Januar 1930 Alma Enders aus Rosbach-Seifen, die evangelischen Glaubens war.
Bis dahin wohnte Georg noch in Köln in der Volksgartenstraße. Nach der Heirat kaufte er in Köln-Lindenthal in der Sielsdorfer Str. 2 ein einfaches Zweifamilienhaus mit 2 Dreizimmerwohnungen und zog dort mit Alma ein. Eine Wohnung wurde vermietet. Noch im gleichen Jahr im Dezember wurde in Lindenthal Töchterchen Liselotte geboren.
In der Nazizeit wurde es dann für die Familie extrem schwierig, da Georg jüdisch war.
Schon ab 1933 erschwerte der Boykott jüdischer Geschäfte Georgs geschäftliche Tätigkeit erheblich. Die Umsätze gingen mit den Jahren immer mehr zurück, bis im Jahre 1938 das endgültige Gewerbeverbot für Juden herauskam und die Familie Sussmann gar keine Einkünfte mehr hatte.
Nach den November-Pogromen der Nazis im Jahr 1938 gegen die Juden wurde Georg ohne Grund festgenommen und mit vielen anderen jüdischen Männern, die nichts Unrechtes getan hatten, unschuldig in die sogenannte „Schutzhaft“ im KZ Dachau gebracht.
Dort war auch sein Bruder Richard Sussmann interniert, der bis dahin als Rechtsanwalt in Köln tätig war. Richard verstarb unter den schlechten Lebensbedingungen am 5. Dezember 1938 in Dachau an einer Lungenentzündung. Richards Frau Magda Sussmann geb. Nossek starb später nach der Deportation nach Riga im KZ. Sie war nach dem Tod ihres Mannes wieder in ihre Geburtsstadt nach Berlin gezogen und am 19. Dezember 1942 von dort zusammen mit ihrem Bruder Alfred Nossek, ihrer Schwägerin Rosi Nossek und deren Kindern Tana und Marion deportiert worden.
Georg hatte mehr Glück als sein Bruder und kam Ende Dezember 1938 lebend wieder aus Dachau nach Hause. Allerdings war er Anfang 1939 gezwungen, sein Haus in Lindenthal weit unter Wert zu verkaufen und in eine Mietwohnung in der Aachener Straße umzuziehen. Er hatte die Mietwohnung in seinem eigenen Haus nicht mehr vermieten dürfen und es wurde ihm nicht die erforderliche Genehmigung gegeben, sein Haus auf seine Tochter oder Ehefrau zu übertragen.
Der kleine Erlös aus dem Hausverkauf, der nach Abzug der Maklergebühren und der Ablösung der Hypothek übrigblieb, musste auf sei Postscheckkonto eingezahlt werden, über das er nicht mehr frei verfügen durfte. Es wurden ihm lediglich noch 7 Monate 400 Mark pro Monat für den Lebensunterhalt ausgezahlt, bis man ihm sein Konto ganz sperrte.
Hiervon wurde eine sogenannte „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 4.000 RM eingezogen, die die Nazis erhoben, um sich an den Vermögenswerten der Juden zu bereichern. Da er kein Einkommen mehr hatte, musste Georg einige kleine Hypotheken unter Wert verkaufen, dann seine Lebensversicherung, seinen Kraftwagen und die meisten Möbel samt Wohnungsausstattung.
Und damit nicht genug: Nach einer Naziverordnung durften Juden kein Radio besitzen und so wurde Georgs Radio in einer Gestapo-Aktion beschlagnahmt.
Erst Ende 1939 erhielt er als Zwangsarbeiter in sogenannten “Judenkolonnen“, in denen er als ungelernter Arbeiter im Tiefbau, Kanalbau und in Fabriken arbeiten musste, einen Lohn, wenn auch nur einen ganz geringen.
Da das Leben in Köln immer schwieriger wurde, verließ Georg mit seiner Familie Köln und zog im Frühjahr 1942 nach Rosbach-Seifen in die Wohnung von Almas Mutter. Die kleine Wohnung bestand aus der vorderen Hälfte eines Fachwerkhauses, welches früher vor dem jetzigen Wohnhaus Hurster Str. 26 nah an der Straße gestanden hatte.
Von hier aus musste Georg jeden Tag nach Köln zu seiner Zwangsarbeitsstelle fahren, da eine Abmeldung aus Köln offensichtlich nicht möglich war. Dadurch bedingt galt Rosbach nur als 2. Wohnsitz.
Dennoch wurde die Familie am 30. Juni 1943 bei der „Erfassung jüdischer Mischehepartner und Geltungsjuden im Amt Dattenfeld“ erfasst. Vermerkt wurde zu Georg Sussmann: „Wohnort Rosbach, Jude, jüdische Religion, Ehe privilegiert, Ehe besteht noch, 1 Kind, Evgl. Religion, Jüd. Mischling 1. Grades“ und zu Alma: „deutschblütige Abstammung, evangelische Religion“. Dann wurde die Familie im Oktober aufgelistet bei der „Nachweisung der im Siegkreis wohnenden Juden“ mit den Angaben: „Mischehe, jüdische Religion“.
Schließlich, im Herbst 1944, begannen die Internierungen und Deportationen in Zwangsarbeiterlager auch für sogenannte „Mischehen“ und viele der Entrechteten suchten sich ein Versteck.
So verließ auch Familie Sussmann im September 1944 Almas Elternhaus in Rosbach und tauchte in die Illegalität unter. Zeitzeugin Annemarie Ohlert aus Königswinter berichtete: „Auf der Flucht hatte sie (Liselotte) mit ihrer Familie sieben Monate in einer Dachkammer des evangelischen Pfarrhauses in Königswinter Zuflucht gefunden, schließlich hauste sie die letzten Wochen bis Kriegsende im Godesberger Bunker.“ (Zit. aus Artikel von Guido Krawinkel: Dachkammer des Pfarrhauses diente als Zuflucht ;Quelle: General-Anzeiger vom 29.11.2006 siehe: www.virtuellesbrueckenhofmuseum.de/sonderausst/291106.html)
Georg wurde nach dem Krieg von der Stadt Bonn als kleiner Verwaltungsangestellter beschäftigt und konnte so wieder seinen Lebensunterhalt sichern.
1956 wurde er als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt und erhielt eine Entschädigung, eine einmalige Abfindung, die allerdings nicht annähernd seinen gesamten wirtschaftlichen Schaden erreichte.
Im Jahr 1959 starb Georg Ludwig Sussmann in Bad Godesberg.
Diese Zeitzeugenberichte wurden vom Zeitzeugenforum ergänzt durch Angaben aus Standesämtern und Archiven in Duisburg (Hauptstaatsarchiv), Bonn (Stadtarchiv), Köln (Stadtarchiv), Siegburg(Kreisarchiv) und Windeck (Standesamt, Histor. Verein Rosbach).
Der 62. Stolperstein wurde von Gunter Demnig für Georg Sussmann am 11. März 2016, ca. 16:30 Uhr in Rosbach, Hurster Str. 26, verlegt.