Stolperstein Nr. 5 : Julius Simon

Wer erinnert sich an Julius Simon? 

Julius Simon wurde am 14. November 1895 in Rosbach-Hof geboren. Er war Viehhändler wie sein Vater Simon Simon und wie seine Brüder Albert und Ferdinand. Mit seine Frau Irma hatte er in Dattenfeld drei Kinder: Gertrud, Heinz und Norbert.

„Die Familie wohnte im Parterre zur Miete im Haus Lütz, Hauptstr. 128. Handelsvieh konnte er hinter dem Haus in dem gemieteten Stall unterstellen. Weiden für das Vieh unterhielt er dort, wo jetzt die evangelische Kirche steht. Nach dem Schlachten konnte er Fleisch in dem benachbarten Eiskeller kühl lagern.“ Die Familie wurde als ärmlich beschrieben.

Haus in Dattenfeld an der Haupstraße

Haus in Dattenfeld an der Hauptstraße, wie es früher aussah: unten wohnte neben dem Laden die Familie Simon.

„Ich erinnere mich noch, wie 1938 die Nazis aus Rosbach und Dreisel mit einem Wagen kamen und in der Wohnung der Simons das ganze Porzellan zerschlugen. Außerdem haben die Nazis im Hof geschissen und ihre Haufen durch das offene Badezimmerfenster in die Wohnung geworfen. Mein Vater wollte hingehen und den Simons helfen, aber wir hielten ihn aus Angst zurück. Den Julius nahmen sie mit nach Rosbach. Ich habe danach selber furchtbare Angst gehabt und musste wegen Herzbeschwerden zum Arzt.“ Anschließend gingen die Täter in einer Dattenfelder Gastwirtschaft ein Bier trinken.

„Die Nachbarn haben alle für die Juden Porzellan gesammelt, damit sie wieder was hatten.“ Weitere Nachbarn reparierten die Fenster oder stellten sonstiges Mobiliar bereit. „Mein Vater hat sich beim Dreiseler Parteifunktionär der Nationalsozialisten darüber beschwert, was sie den Simons angetan haben. Daraufhin ließen die Nazis meinen Vater aus Schikane nicht mehr über die Dreiseler Brücke zu seiner alten Mutter gehen.“

Julius Simon wurde am 10. November1938 nach Rosbach gebracht, dort mit 6 anderen jüdischen Männern im Spritzenhaus inhaftiert, misshandelt und dann durch das Dorf bis zur brennenden Synagoge getrieben. Sie hatten Schilder bekommen mit der Aufschrift  „1. Schwein, 2. Schwein, etc.“ und mussten diese mit hoch gehobenen Armen vor sich her tragen.  Julius wurde mit den anderen jüdischen Männern noch in der Nacht vom 10. November 1938 mit einem LKW zur Gestapo nach Köln, von dort aus nach Brauweiler und von dort aus ins KZ Dachau gebracht. Er hatte die Häftlingsnummer 28504 und wurde am   22. Dezember 1938 entlassen. Er durfte seiner Arbeit nicht mehr nachgehen, sondern musste Zwangsarbeit bei den Wester-Werken in Niederpleis verrichten. 1941 wurde die Familie Simon aus ihrer Wohnung nach Rosbach ausgewiesen und musste bei Max Seligmann in der Bergstraße 9 einziehen.

Am Montag, dem 20. Juli 1942, wurde Julius Simon mit seiner Frau und seinen drei Kindern um 10 Uhr vom Sammelplatz am Rosbacher Bahnhof nach Köln-Deutz gebracht. Von dort wurden alle fünf mit einem Transport von ca. 1064 Menschen nach Minsk deportiert (Abfahrt ca. 15 Uhr). Der Zug kam nach ca. 87-stündiger Fahrt am 24. Juli 1942 gegen 6.45 Uhr, pünktlich zum Dienstbeginn der Mordkommandos,  in Minsk an.

Mit diesem Transport wurden alle noch in Rosbach lebenden jüdischen Personen „nach dem Osten evakuiert“. Über ihr Schicksal bleiben sie bis vor ihrem Tod im Ungewissen. Ausgenommen von der Deportation waren nur solche, die in „Mischehe“ lebten oder „Mischlinge“ waren, wie es im damaligen Amtsjargon hieß.

Der Zugführer eines Erschießungskommandos in Minsk notierte in seinem Tätigkeitsbericht „gewissenhaft“: „Am 21., 22. und 23. Juli werden neue Gruben ausgehoben. Am 24.7. trifft bereits wieder ein Transport mit 1000 Juden aus dem Reich hier ein.“ Soweit heute bekannt ist, wurden alle Personen noch am selben Tag ermordet und in Gruben verscharrt. Doch den Ermordeten war die ungestörte letzte Ruhe nicht vergönnt. Beim Herannahen der Roten Armee im Herbst 1943 wurden im Rahmen der sog. „Enterdungsaktion“ die Gruben geöffnet, die Leichen herausgeholt und auf Scheiterhaufen verbrannt. Ihre Asche wurde zerstreut.

Diese Zeitzeugenberichte wurden vom Zeitzeugenforum ergänzt durch Angaben amtlicher Dokumente.

Der 5. Stolperstein in Windeck wurde von Gunter Demnig zur Erinnerung an Julius  Simon am Samstag, dem 17. September 2011 um ca. 10.30 Uhr in Dattenfeld, Hauptstr. 128 verlegt. Anschließend wurden noch weitere 17 Steine verlegt.
Anweisung

Weitere Informationen sind zu finden in dem Artikel von Monika Grübel: „Landjuden -ein Leben zwischen Land und Stadt“ (Aus: „Unwiederbringlich vorbei“ hrsg. von Cl. M. Arndt) und im Archiv des Rhein-Sieg-Kreises.